
Im November 2025 wird Belém, das Tor zum Amazonas, Austragungsort der COP 30 sein – eine symbolträchtige Wahl im Herzen des Regenwaldes. Doch während Brasilien Gastgeber der Weltklimakonferenz ist, offenbaren aktuelle Emissionsdaten massive Widersprüche: Fast die Hälfte seiner Treibhausgase stammt nicht aus Energie oder Industrie, sondern aus Abholzung, Brandrodung und Landraub.
Die nackten Zahlen
Laut dem Klimaprogramm SEEG emittierte Brasilien 2023 insgesamt rund 2.300 Mt CO₂-Äquivalente. Davon entfielen:
- Abholzung und Brandrodung: 1.062 Mt (46 %)
- Agrarsektor (Viehzucht, Dünger, Methan): 620 Mt (28 %)
- Energie: ca. 420 Mt (18 %)
- Industrie und Abfall: Rest
Damit stammen drei Viertel der brasilianischen Emissionen aus Abholzung und Landwirtschaft – ein Wert, der weltweit seinesgleichen sucht.
Was steckt hinter dieser Zahl?
Die Emissionen gehen auf bekannte Ursachen zurück:
- Illegale Brandrodung (Queimadas), mit dem Flächen schnell für Viehweiden und Soja freigemacht werden.
- Grilagem (Landraub): illegale Aneignung öffentlicher oder indigener Flächen.
- Entwaldung im Amazonas und Cerrado, wo riesige Flächen in Ackerland verwandelt werden.
Studien schätzen, dass 80–90 % dieser Entwaldung illegal ist. Mit anderen Worten: Würde Brasilien nur seine bestehenden Gesetze konsequent durchsetzen, könnte es fast die gesamten 1.062 Mt CO₂e einsparen.
Globaler Ausreißer
Im weltweiten Durchschnitt macht Landnutzung laut IPCC etwa 22 % der Emissionen aus. Brasilien liegt mit 46 %doppelt so hoch. Nur wenige Länder erreichen überhaupt ähnliche Werte – etwa Indonesien, ebenfalls durch Regenwaldzerstörung und Brandrodungen.
Brasilien ist also nicht irgendein Player – es ist einer der entscheidenden Kipppunkte im globalen Klimasystem.
Die Chance zur Halbierung
Die Analyse zeigt: Brasilien könnte durch wirksame Umsetzung seiner Agrargesetze und konsequenten Waldschutz bis zu 45–50 % seiner Gesamtemissionen vermeiden – ohne neue Technologien, allein durch Rechtsdurchsetzung und Governance.
Damit liegt in Belém nicht nur die Bühne der Klimadiplomatie, sondern auch der Schlüssel: Schafft Brasilien es, Abholzung und Brandrodungen zu stoppen, würde es den größten Einzelbeitrag leisten, den ein Land kurzfristig erbringen kann.
Oder, wie es Kritiker formulieren:
„Die eigentliche Energiewende Brasiliens beginnt nicht im Kraftwerk – sie beginnt im Wald.“